KONSTRUKTIVES

((Update am Seitenende - vor den Kommentaren!))

KONSTRUKTIVES 


Hier einige konstruktive Gedanken zum Thema.

Meiner Ansicht nach wäre, wie gesagt, ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) inklusive eines freiwilligen, zusätzlichen Beratungsangebotes, die einzig wirklich saubere, ethische und absolut finanzierbare Lösung um dem derzeitigen Dilemma zu entkommen.
Dies ist ein hohes Ziel, welches aber durch viel Mißtrauen, Vorurteile, unbewußte fehlgehende Moralvorstellungen, falschen Stolz und ähnliches in seiner Durchsetzung gehemmt wird.
Welche kurzfristigeren, konkreten Verbesserungen kann ich mir vorstellen?

a) Eine Öffnung der jobcenter für ALG II - kritische Organisationen, respektive für entsprechende Beratungs- und Hilfsorganisationen.

Das bedeutet regelmäßige Kontakte und gemeinsame Besprechungen.
Das bedeutet aber auch regelmäßige Infostände / Beratungsangebote in den Gebäuden der jobcenter. Wenn möglich sollte durchaus auch ein eigener Büroraum zur Verfügung gestellt werden. In Beratungsgesprächen sollten die Fallmanager_innen auf entsprechende  Kontaktmöglichkeiten hinweisen. Das tun viele übrigens auch heute schon. Aber zumeist halt eher "heimlich", vertraulich, nebenbei ...
Besonders hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang die neueren "Begleitdienste" für ALG- Empfänger_innen - eine wirklich ausgezeichnete Idee.

b) Eine sofortige Aussetzung aller 60 % und 100% Sanktionen. Mag man über die Höhe der Summe streiten, die ein Überleben so gerade noch ermöglicht - bei Prozentsätzen in diesem Ausmaß ist diese in jedem Falle und mit Sicherheit unterschritten. Das kann und darf ein reiches Land sich nicht leisten. In keiner Hinsicht. Wir sind ein sozialer Rechtsstaat. So heißt es. In der Präambel des Grundgesetzes heißt es auch: "Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben." Zwei große Parteien unseres Landes führen das "Christliche" im Namen, eine weitere das "Soziale"!

Ich bin nicht nur Theoretiker, sondern auch praktisch erfahren. Natürlich kann es Ausnahmen geben. Wenn absolut sicher und bewiesen (!) ist, dass der betreffende Mensch ein nicht unerhebliches Einkommen hat, bzw. ein nicht unerhebliches Vermögen deutlich jenseits der Schutzbeträge besitzt - dann kann eine Einstellung der Leistungen nach heutiger Rechtslage natürlich richtig und zwingend sein.
Ist das aber so, dann befinden wir uns nicht mehr im Bereich ALG II. Und über den reden wir hier.

c) Nach meiner Kenntnis gilt aktuell für mindestens die Hälfte unserer Republik, dass die ursprünglich geplanten Betreuungszahlen um 100, 200 und mehr Prozent überschritten werden und eigentlich berufsfremdes Personal im Fallmanagement eingesetzt wird.

Hier könnte es eine "job - Initiative" ganz eigener Art geben. Eine Verdoppelung der Fallmanger_innenzahl unter Berücksichtigung besonders qualifizierter Menschen aus dem sozialen, pädagogischen und psychologischen Bereich, die einzustellen sind.
Einige Gelder hierfür sind vorhanden und können investiert werden. Andere können freigesetzt werden durch das Abschmelzen unsinniger "Maßnahmen", evtl. auch durch ein Zurückfahren auf ein sinnvolles Maß der EDV - Dokumentationspflichten / Vorausplanungen, die mittlerweile einen mehr als enormen zeitlichen und arbeitsintensiven Umfang angenommen haben. Nicht zu vergessen sind in diesem Zusammenhang auch die nicht unerheblichen Zuwendungen an "private Arbeitsvermittler". Leider darf ich nichts behaupten, was ich nicht beweisen kann.  Es gibt Subunternehmer. Es gibt private Arbeitsvermittler. Es gibt Kund_innen, die für geringen Lohn gerade einmal ein paar Tage länger als nötig eine Teilzeit - Arbeit bekommen. Und danach dann mit einer "unauffälligen Begründung" wieder entlassen werden ...
Wir reden hier von vierstelligen Summen "pro Nase". ...

d) Das "gute Dastehen" einzelner jobcenter bei den Regionaldirektionen und "in Nürnberg" darf sich nicht mehr primär festmachen an praxisfernen Kennzahlen, an entsprechenden Rankings, etc. Einsparungen durch Sanktionen, die Vermittlung von Menschen in Zeitarbeitsfirmen, kurzfristige statistische "Scheinbereinigungen" von Arbeitslosenzahlen, etc. - alle diese und einige andere Kriterien: sie machen KEINEN Sinn. Sie verschieben nur Probleme, verschlimmern sie oftmals gar. Diese Dinge gehören auf den Müll der Geschichte.

Andere Werte müssen geschaffen und mit Anerkennung versehen werden. Kundenzufriedenheit. Vermittlung in Vollzeitstellen. Erfolgreich abgeschlossene, größere Qualifizierungsmaßnahmen durch die Kund_innen. Das Erreichen sozialer Stabilisierung. Das erfolgreiche Management von Hilfen bei Lebenskrisen. Dinge DIESER Art!
Hier ist die Politik gefordert, hier ist Nürnberg gefordert, hier ist jede einzelne Regionaldirektion gefordert.

e) Ein Detail nur, aber das Leben besteht nun mal aus Details. Letztlich ist es auch nicht isoliert zu sehen.

Die telefonischer Erreichbarkeit der Fallmanger_innen. Viele Führer_innen von jobcentern realisierten irgendwann tatsächlich, dass es schwierig ist jedem ein Vielfaches seiner Arbeitsmenge dauerhaft aufzulasten, ca. 20 ausführliche und umfangreich dokumentierte Termine pro Woche abzuverlangen UND gleichzeitig auf ständige telefonische Erreichbarkeit zu drängen. Mehr Personal bei den FM? Das wollte man nicht. So wurden "Call-Center" eingekauft. Und natürlich bekam der günstigste Anbieter jeweils den Zuschlag, auch wenn er hunderte von Kilometer entfernt verortet war - was anrufende Kund_innen auch sehr wohl an den fremden Akzenten bemerken ...
Fallmanagement ist ein längerer und vertrauensvoller Prozess - wenn man es richtig macht. Durch solche Maßnahmen aber wird diese Arbeit "zerfasert". Das mechanistische Weltbild der Menschen am "grünen Tisch" wird hier wieder einmal überdeutlich.
"Deutlich mehr als die Hälfte der telefonischen Anfragen / Informationen sind Standard - Angelegenheiten und ohne Weiteres durch ein Call - Center erledigbar."
Richtig. Aber. Bilden wir ein Beispiel. Eine Kundin, der noch etliche Tage Ortsabwesenheit (OAW) zustehen, ruft das Callcenter an und beantragt dort kurzfristig drei Tage OAW. Der Callcenter - Mitarbeiter vergewissert sich, sagt zu und vermerkt dies auch. Alles ist gut. Wirklich? Manchmal tatsächlich. Betreibe ich aber schon Monate Fallmanagement mit dieser Kundin und hätte diese mir - wäre ich erreichbar gewesen - bei dieser Gelegenheit erzählt, WARUM sie dringend weg muß, z.B. weil der Vater ihres Kindes, welches bei diesem im weit entfernten Hamburg wohnt, just für 14 Tage zwangsweise in die Entgiftung gebracht wurde - so gäbe dieses ein ganz anderes Bild.
Sind die Callcenter datenschutzrechtlich unbedenklich? Die jobcenter sagen ja. Es seien ausschließlich "besondere und besonders verpflichtete" Firmen und Mitarbeiter_innen dort. Ein Rest ungutes Gefühl bleibt. Bei mir. Bei vielen Kund_innen.
Hier sollte zu einer vernünftigeren und vertrauensvolleren, ganzheitlicheren Praxis zurück gekehrt werden. Die ohne angemessene FM - Personalmehrung allerdings mehr als schwierig wäre.

f) Matching.

Matching ist eine ganz tolle Sache. Wenn es um Objekte, wenn es um Gegenstände geht.
Diese kann man genauestens untersuchen und beschreiben. Ein Bündel von Eigenschaften, Kapazitäten, etc. wird säuberlich dokumentiert.
Finde ich nun eine kleinere oder größere Maschine, der momentan exakt dieses Objekt, dieses Ersatzteil fehlt und liegt der matching Faktor bei 100: so kann ich mir die Augen verbinden und das Teil einsetzen. Es wird passen - es wird funktionieren! Auf lange Zeit.
Doch nun zu etwas ganz Anderem. Dem Leben. Den Menschen.
Arbeitsagentur und jobcenter verfügen über einen durchaus großen "Instrumentenkasten".
Da gibt es zum Beispiel den "Arbeitgeber - Service", das besagte "matching", die "Stea - Durchläufe", uvm.
Von jedem anständigen Fallmanager wird erwartet, dass er die Steas (Stellenangebote) durchsucht bei Terminen. Der Arbeitgeberservice hat an die Kund_innen möglichst viele Arbeitsangebote zu versenden. Dies geschieht manches Mal im Namen des FM - aber dennoch ohne sein Wissen! Ein Unding. Derlei sollte, wo noch nicht geschehen, sofort abgestellt werden.
Mag es ja vielleicht bei so genannten "marktnahen ALG I - Kunden" noch ein wenig Sinn machen - so sollte die mechanistische "Matchingorientierung" bei ALG II - Kund_innen dringend und gründlich überdacht werden. Dieses Instrument ist NICHT zielführend.
Die Stellenangebote der Arbeitgeber sind oftmals nicht genau genug. Oder die Stellen sind bereits besetzt. Auf Seiten der "Kundenbeschreibung" - sieht es noch schwieriger aus. Etliche ENTSCHEIDENDE Faktoren sind zu Anfang oft noch gar nicht bekannt. Etliche hiervon kann, darf und will ich aufgrund Datenschutz gar nicht in die EDV aufnehmen. Bei anderen Faktoren ist eine Maschine, ein Computerprogramm schlicht unfähig, richtig zu gewichten! Das kann ich. Als befasster, erfahrener mit dem individuellen Menschen bekannter Fallmanager. Aber kein Blechkasten mit noch so hochgezüchteter Software!
Fazit: das unsinnige Versenden von Arbeitsangeboten von externen Abteilungen an die Kund_innen sollte dringend unterbleiben. Wenn schon, dann kann dem / der FM ein solches Angebot vorschlagsweise zugeleitet werden. Per Mail - das geht ganz schnell, wenn man es will!
Weiterhin sollten "matching", "fleißige und häufige Stealäufe", u.ä. bei Weitem "tiefer gehängt" werden. Dies ist ein Instrument von vielen. Und längst nicht immer das richtige - oftmals herrschen in Beratungsgesprächen - und völlig zu Recht - gänzlich andere Themen vor.

Soweit einige Möglichkeiten.

Darf gern ergänzt werden.

MfG

BTB 

P.S.:
Link zum kostenlosen download der Schrift
"Aufruf zur Revolte"
von Konstantin Wecker und Prinz Chaos II.:
http://www.randomhouse.de/content/attachment/webarticle/aufruf_zur_revolte_40040.pdf

Konkretes:

Ich fände, es wäre an der Zeit zu schauen, ob man konstruktiv und konkret zusammenarbeiten kann.
Es kann Zufall sein und / oder an mir liegen - aber ich vermisse ein wenig die Präsenz von ALG II - Betroffenen in den "normalen Netzen", sprich auf facebook, Google plus, evtl. auch auf wkw, in gewisser Weise auch auf youtube und (quasi indirekt / verweisend) auf twitter. Und - warum eigentlich nicht und gerade - auch auf XING.
Kleinere und exotischere Netze, wie etwa Second Life (SL) könnten hinzu kommen.
Ich meine damit jetzt nur zum kleineren Teil (etwa bei XING und SL) die Begründung neuer "Gruppen", womöglich noch recht ähnlich dem jeweiligen Elo - / Alo- / Hartz IV - Forum.
Interessanter fände ich die Mischung / Einmischung / Untermischung unter die (noch) Nichtbetroffenen. Das Unterbringen von Themen, Meinungen, Argumenten und insbesondere Informationen an allen möglichen, vielleicht auch mal nur halbwegs passenden Stellen.
In gewisser Weise also eine Art "Öffnung", oder auch "individualisierte PR - Kampagne".
Wichtig fände ich dann JEWEILS, kleinere, informelle Netzwerke dort zu haben. Soll heißen: es sollten wenigstens eine handvoll, oder auch ein, zwei Dutzend Menschen voneinander wissen / miteinander fb- befreundet / gegenseitig gekreist / einander folgend / ... / sein.

Zwecks gegenseitiger Unterstützung und Kommentierung, etc.

Freue mich über Rückmeldungen dazu.

Weiterhin würde ich auch gern mehr über meinen Blog sprechen.
Wenn hier nur halb so umfangreich und lebhaft diskutiert würde, wie oft über meine Person, wäre ich heilfroh und es würde die gemeinsame Sache ungemein voran bringen.

Als kleinste gemeinsamen Nenner würde ich als diese gemeinsame Sache definieren:
"Dauerhafte Streichung sämtlicher Sanktionen im ALG II - System! Deutliche Erhöhung des Regelsatzes!"
Punkt.
Natürlich freute ich mich, wenn der Nenner größer würde.
Z.B.: "Zugleich wird ein freiwilliges, qualifiziertes Fallmanagment angeboten."
Und / oder: "Für die Zukunft ist ein ausgereiftes Konzept für ein BGE auszuarbeiten und umzusetzen."
Und ähnliche Dinge.
Doch die beiden genannten Forderungen sind IMHO der gemeinsame Kern.
Sanktionen sind hier und heute unwürdig, sinnlos und auch unökonomisch. Sie müssen weg.
Die Regelsätze sind hier und heute zu niedrig, erzeugen subjektives und teils objektives Leid und eine deutliche Erhöhung ist ohne Weiteres finanzierbar.


Nun zu den Blogthemen. Ziehe ich Unterseiten zu meiner Person, die leidige Nazisprachenthematik, sowie disclaimer, u.ä. ab, bleiben zur Zeit übrig:


KRITIK: Beispiele
http://tombbloggt.blogspot.de/p/test4.html


KONSTRUKTIVES
http://tombbloggt.blogspot.de/p/test1.html


ZEITARBEIT (Artikel)
http://tombbloggt.blogspot.de/p/zeitarbeit-artikel.html


Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE)
http://tombbloggt.blogspot.de/p/est3.html


ZAHLEN (Alo, Stellen,...) = "Rollenspiele"!
http://tombbloggt.blogspot.de/p/zahlen.html


Bundesverfassungsgerichts-Urteil 2010 (BVerfG,BvL1/09 v.9.2.10,Abs.(1-220)
http://tombbloggt.blogspot.de/p/bverfg-1-bvl-109-vom-9.html


!Stellungnahme Deutscher Verein ALG II -Sanktionen!
http://tombbloggt.blogspot.de/p/stellungnahme-deutscher-verein.html


ALG II - "Kundengruppen"
http://tombbloggt.blogspot.de/p/alg-ii-kundengruppen.html


Das Fachkonzept Fallmanagement (bFM) - 2005! (Und "eigentlich" bis heute.)
http://tombbloggt.blogspot.de/p/das-fachkonzept-fallmanagement-bfm-2005.html


Unterbewußte Moralisierungen in den jobcentern
http://tombbloggt.blogspot.de/p/unterbewute-moralisierungen-in-den.html


Abkürzungen / kleines LEXIKON
http://tombbloggt.blogspot.de/p/abkurzungen-kleines-lexikon.html


BERICHT:Inge Hannemann in Mannheim 10.09.2013 #HartzIV #ALGII #jobcenter #BGE
http://tombbloggt.blogspot.de/p/sonderseite-ihannemann-in-mannheim.html


JOBCENTER: Aufruf vorm Spiegel zu verweilen!
http://tombbloggt.blogspot.de/p/blog-page.html


Hier wären jeweils die Fragen:


a) Ist etwas falsch?
b) Fehlt etwas Wichtiges?
c) Ist etwas unklar / mißverständlich beschrieben?
d) Fehlen Themen / Unterseiten völlig?
f) Gibt es technische, formale, optische Fehler / Optimierungsmöglichkeiten?
g) Ist Sonstiges zu sagen?

Die "Gretchenfrage" ist aber eigentlich IMHO immer:
Wie kann es konkret nutzen?

Nutzen über reines lesen, schreiben, klagen, usw. hinaus?
Der reale, anwendungsbezogene Nutzen, - was kann man in der Praxis damit machen?

Bei ein, zwei Unterseiten ist die Antwort evtl. einfach. Das "Kleine Lexikon" kann helfen, wenn ein Begiff, eine Abkürzung im sonstigen Blog unbekannt / nicht geläufig ist. (Geht man über den Blog hinaus, ist der Nutzen sehr begrenzt - da gibt es größere, bessere Fach -
Lexika.)
Ein andere Beispiel aber die "ZAHLEN" - die sind konkret wirklich gut nutzbar, denke ich. Für Flugblätter, Plakate, in Diskussionen, real und virtuell, als Argumentationshilfe, usw. Zudem sind sie mit seriösen Quellenangaben belegt.

Doch das nur als Beispiel.
Freue mich über jede Rückmeldung.

MfG

Burkhard Tomm - Bub

8 Kommentare:

  1. Da sich die Europäische Kommission als nicht zuständig ansieht, habe ich eine Beschwerde gegen die BRD bei dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht, deren Eingang am 19.07.2013 bestätigt wurde:

    An den Kanzler
    des Europäischen Gerichtshofs
    für Menschenrechte
    Europarat
    F–67075 STRASBOURG CEDEX

    anliegend übersende ich Ihnen meine Beschwerde gegen die BRD, sowie weitere Unterlagen.

    Angaben zu Artikel 35 Abs. 1 der Konvention:

    Eine Klage gegen das SGB II und den vielen sich darin befindlichen Gesetzen, die sowohl dem deutschen Grundgesetz, als auch den europäischen Menschenrechtskonventionen widersprechen, ist praktisch nicht durchführbar.
    Bereits seit längerem sind die zuständigen Sozialgerichte völlig überfordert, so dass die Verfahrensdauer pro Instanz meist wesentlich länger als ein Jahr betragen.
    Auch die Tastsache, dass rund die Hälfte der Klagen erfolgreich sind, zeigt deutlich welche Fehler und Mängel sich im SGB II und dessen Anwendung befinden.
    Die zur Zeit anstehende Klage vor dem Bundesverfassungsgericht (1 BvL 12/12) betrifft erneut nur die Höhe der Regelleistungen (Existenzminimum) und umfasst nicht die Sanktionen und anderen verfassungswidrigen Bestandteile des SGB II.
    Auch der Antrag der Partei „Die Linke“, zumindest die Sanktionen auszusetzen, die
    zwangsläufig zum Unterschreiten des ohnehin fragwürdigen Existenzminimums
    führen, wurde von der neoliberalen Mehrheit im Bundestag abgelehnt.
    Damit wird auch deutlich, dass die derzeitige politische Mehrheit im Bundestag (SPD/Grüne/CDU/CSU/FDP) keinerlei Interesse daran hat, diese Gesetze grundgesetzkonform zu gestalten, bzw. den europäischen Menschenrechtskonventionen anzupassen.

    Hierzu verweise ich auch noch einmal auf die vom „Ausschuss für soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte bei den Vereinten Nationen (UN)“ bereits im Mai 2011 ausgesprochene Rüge, in der es heißt : „Der Ausschuss stellt mit Besorgnis fest, dass Regelungen im Rahmen der Arbeitslosen- und Sozialhilfe des Vertragsstaates (der BRD, n.w.) – einschließlich der Verpflichtung für Empfänger von Arbeitslosengeld, “jede zumutbare Arbeit” anzunehmen, was in der Praxis fast als jede Arbeit interpretiert werden kann – sowie der Einsatz von Langzeitarbeitslosen zu unbezahlter gemeinnütziger Arbeit, zu Vertragsverletzungen in Art. 6 und 7 führen könnten.
    Auch hier wurde keine Abhilfe geschaffen!
    Da von dieser Gesetzgebung etliche Millionen in der BRD betroffen sind, wäre ein entsprechendes Urteil von Ihrer Seite sehr wichtig und unabdingbar.
    Insofern zähle ich auf Sie!


    Tanguero

    AntwortenLöschen

  2. Begründungen:

    Die Menschenwürde wird missachtet, denn durch Sanktionen wird das Existenzminimum bis hin zum völligen Wegfall unterschritten. Auch der Zwang zur Teilnahme an oft sinnfreien „Eingliederungsmaßnahmen“ und sonstige
    Forderungen schränken die Menschenwürde ein.
    Ebenso gilt die derzeitige Höhe des Existenzminimums (Regelsatz) als verfassungswidrig
    (Klage vor dem Bundesverfassungsgericht liegt vor. 1 BvL 12/12).

    Ein Verstoß gegen Artikel 1 und 2 der EMRK liegt somit vor.
    Durch die Sanktionspraxis im Rechtskreis des SGB II, können Menschen in den Hunger, in die Obdachlosigkeit, in
    lebensbedrohliche Krankheitsverläufe bis hin in den Tod getrieben werden.
    Auch die Behandlung der Leistungsberechtigten in Form der erzwungenen Offenlegung sämtlicher persönlicher Verhältnisse und Aufhebung des Bankgeheimnisses bis hin zu den sogenannten „ Pflichten“ , sowie zum Arbeitszwang, bestätigen den Vorwurf unmenschlicher und erniedrigender Behandlung.
    Ein Verstoß gegen Artikel 3 (Verbot der Folter) liegt somit vor.
    Das Recht auf freie Berufswahl wird missachtet, denn es besteht ein Zwang zur Aufnahme jedweder Tätigkeit (auch zeitlich befristete) um den Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und eigener Kraft zu bestreiten.
    Hierzu verweise ich auch auf die vom „Ausschuss für soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte bei den Vereinten Nationen (UN)“ bereits im Mai 2011 ausgesprochene Rüge, in der es heißt : „Der Ausschuss stellt mit Besorgnis fest, dass Regelungen im Rahmen der Arbeitslosen- und Sozialhilfe des Vertragsstaates (der BRD, n.w.) – einschließlich
    der Verpflichtung für Empfänger von Arbeitslosengeld, “jede zumutbare Arbeit” anzunehmen, was in der Praxis fast
    als jede Arbeit interpretiert werden kann – sowie der Einsatz von Langzeitarbeitslosen zu unbezahlter gemeinnütziger
    Arbeit, zu Vertragsverletzungen in Art. 6 und 7 führen könnten.
    Hier wurde keinerlei Abhilfe geschaffen !
    Ein Verstoß gegen Artikel 4 (Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit ) liegt somit vor.
    Die Sanktionen im SGB II sind juristisch als sog. Verwaltungsstrafe zu werten. Diese Strafen werden von
    Verwaltungsangestellten einer Behörde (hier Jobcenter) verhängt, auch mögliche Widersprüche dagegen werden von
    den gleichen Behörden beschieden. Diese Behörden erfüllen in keinster Weise die Voraussetzungen für das gebotene
    Recht auf ein faires Verfahren, sie können die Anfordernisse einer anerkannten Judikatur nicht erfüllen, ihnen fehlt jegliche Tribunalqualität. Dazu müssten die Jobcentermitarbeiter, die Strafen verhängen und das Rechtsmittel
    Widerspruch bearbeiten, die Befähigung zum Richteramt haben und unabhängig von jeder Weisung sein. Diese
    zwingenden Voraussetzungen werden aber im Rechtskreis des SGB II nicht einmal im Ansatz erfüllt, von einem
    fairen Verfahren kann also nicht die Rede sein.
    Zudem haben Widersprüche und Klagen in der Regel keine aufschiebende Wirkung.
    Ein Verstoß gegen Artikel 6 (Recht auf ein faires Verfahren) liegt somit vor.
    Mit der sog. Präsenzpflicht wird die Bewegungsfreiheit auf ein Minimum beschränkt.
    Zusammen mit den bereits oben genannten Punkten ergibt sich auch:
    Ein Verstoß gegen Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) liegt somit vor.

    Tanguero

    AntwortenLöschen
  3. Guten Tag Tanguero.
    Dank für den Beitrag, sehr fundiert und gut strukturiert, finde ich.
    Einige Details sehe ich aus der Praxis heraus etwas anders gewichtet. So z.B. das mit der Präsenzpflicht. Ich denke hier, dass ein durchschnittlicher im Niedriglohnbereich arbeitender Mensch z.B. wesentlich stärker in seiner Bewegungsfreiheit und Freizügigkeit eingeschränkt ist.
    Überhaupt habe ich in der Praxis mit allen hier genannten (größtenteils zu Recht kritisierten) Elementen gearbeitet. Sowohl 1,- Euro - Jobs (der ja keineswegs einem Stundenlohn von 1,- Euro entspricht), als auch mit "Maßnahmen" / Qualifizierungen, etc.
    Dies allerdings in sinnvoller Weise, in Absprache auf Augenhöhe und per Einigung mit den Kund_innen.
    So war es konzeptionell ursprünglichauch einmal gedacht.
    Die Maßnahmelobby, die praxisfern - theoretische Steuerung, die katastrophale Personalpolitik, etc. - machen all` das kaputt! Und eben - natürlich - der Zwang. Wenn gehetzte, berufsfremde, mit Zeitvertrag beschäftigte "Fallmanager_innen" dann den massiven Druck des mittleren und oberen Managements in den jobcentern an die Kund_innen weiter geben: sehen wir ja jetzt, was dann passiert.
    IMHO könnten viele der bisherigen Dinge bestehen bleiben. Reformiert, entschlackt, wesentlich praxistauglicher gemacht, und: als völlig freiwilliges Angebot!
    Meine Meinung.
    MfG
    BTB

    AntwortenLöschen
  4. @Burkhard,

    "So war es konzeptionell ursprünglich auch einmal gedacht. "
    Tja, aber was daraus gemacht wurde, spottet jeder Beschreibung,
    so wollte man mich nun schon zum dritten Mal in eine Maßnahme zur „Berufs- und Lebensplanung“ bringen.
    Mit 55 Jahren und hohen Qualifikationen in der IT, weiss ich, wie
    man eine Bewerbung schreibt (meine wurde sogar in einer vorherigen Maßnahme als sehr gutes Beispiel genommen). Dass jedoch der Markt, trotz angeblichen Fachkräftemangel, kein Interesse hat, interessiert dabei natürlich nicht!

    Seit dem unterzeichne ich auch keine EV mehr, die mit einer "Vereinbarung" ohnehin, allein schon durch die "Rechtsfolgenbelehrung" nichts mehr zu tun hat. Eine Klage gegen eine EV per VA läuft bereits und nun läßt man mich zumindest damit in Ruhe.

    "Ich denke hier, dass ein durchschnittlicher im Niedriglohnbereich arbeitender Mensch z.B. wesentlich stärker in seiner Bewegungsfreiheit und Freizügigkeit eingeschränkt ist"

    Dem muss ich doch widersprechen, denn wenn man bedenkt, dass z.B. eine Tageskarte (ab 9:00 Uhr gültig) in Hamburg 5,80 € kostet und in Relation mit dem Regelsatz in "Höhe" von 19,20 € setzt, ist die Situation eines ALG II-Empfängers wohl deutlich gekennzeichnet!
    Und Hamburg ist groß!
    Von daher muss ich mir genau überlegen, ob ich z.B. zu den Gerichtsprozessen von Inge Hanneman vor dem Arbeitsgericht
    fahren kann, denn mehr 3x im Monat ist nicht drin!

    Gruß
    Tanguero

    AntwortenLöschen
  5. Guten Tag Tanguero,
    Dank für die Schilderung Deines Einzelfalles.
    Ich kenne hier jetzt nur Deine Sicht und keine Details.
    Man kann aber einiges daran klar machen, denke ich.
    Wenn die vorherigen Maßnahmen noch nicht etliche Jahre her sind. Und inhaltsgleich, oder sehr ähnlich.
    Dann ist es natürlich völliger Blödsinn, Dich damit zu nerven und die entsprechenden Gelder zu verschwenden.
    Ausnahmegründe wären denkbar, z.B. wenn Du selbst das wünschtest und dies zumindest halbwegs begründbar wäre.
    Ansonsten ist mutmaßlich mal wieder ein Maßnahmeeinkauf am Bedarf vorbei der Grund, unbesetzte Plätze müssen dringend schnell aufgefüllt werden, der FM hat Druck vom Chef: "Der ist doch qualifiziert, mit dem müssen Sie doch was erreichen!" Sowas in der Art. Und in der Zeit fällt man als "nicht ALO" aus der Statistik, klar.
    Ich persönlich hätte in mehreren Gesprächen FM - Kunde abgeklärt, ob man das machen soll und dann einvernehmlich entschieden.
    Formal ist die EV kein Vertrag und keine Vereinbarung, richtig. Entsprechender Sprachgebrauch ist unehrlich. Qualifizierte FM und auch ich haben immer versucht de facto vor Ort etwas in der Art aus der EV zu machen. (Auch das stand, btw. 2004 so im Konzept.) Heißt: erst lernt man sich kennen. Dann überlegt man gemeinsam, was die bestmöglichen Schritte wären. DANN entwirft man gemeinsam die EV. Und DANN wird sie von beiden Seiten unterzeichnet.
    Die Zustellung als VA sollte die große Ausnahme sein, für Menschen, die konsequent unkooperativ, absolut verweigernd, etc. auftreten UND bei denen kein erkennbarer wichtiger Grund hierfür vorliegt und sie auch keinen äußern. Und selbst dann sollten möglichst sinnvolle Dinge darin veranlasst werden.
    Widerspruch und Klage beim Sozialgericht sind Dein gutes Recht, das Du auch nutzen solltest. Ich persönlich würde immer erst versuchen über Gespräche mit dem FM (mit Begleitung) und über Gespräche mit dem Teamleiter weiter zu kommen. Aber das kann und soll JedeR machen, wie er / sie das möchte.

    Bei der "Bewegungsfreiheit und Freizügigkeit" gibt es möglicherweise ein Mißverständnis. Ich hob hier hauptsächlich auf die Präsenzpflicht, u.ä. ab.
    Aber auch was Du schreibst ... auch da bin ich mir leider nicht sicher.
    Im Niedriglohnbereich wird ja oft sehr wenig verdient. Eine Befreiung von bestimmten Dingen oder Ermäßigungen werden nicht gewährt, etc.
    Ich fürchte, dass da in etlichen Fällen die finanziellen Spielräume nicht wirklich größer sind, als bei ALG II - Empfänger.
    Auch diese Zustände werden ja leider oft genutzt für den Versuch, einen Keil in die Bevölkerung zu treiben ... aber das ist ein anderes Thema.
    Für die innerstädtische Mobilität hätte ich konkret dann noch die Idee, Zeit aufzuwenden für eine Netzwerkschaffung, u.a. per PC. Wer kann mir wann sein Fahrrad leihen? Wer fährt wann mit seinem Auto wohin? Eine Gegenleistung wenn gewünscht kann z.B. über Hilfe bei PC - Sachen stattfinden, oder auch anders.
    Die wirkliche Lösung ist ein angemessenes BGE, ganz klar. Aber bis dahin.
    MfG
    BTB

    AntwortenLöschen
  6. Guten Morgen Burkhard,

    danke für Deine Stellungnahme.
    "Ich persönlich würde immer erst versuchen über Gespräche mit dem FM (mit Begleitung) und über Gespräche mit dem Teamleiter weiter zu kommen." Was glaubst Du, habe ich versucht?
    Aber gerade der betreffende Teamleiter hat Sprüche abgeliefert, die ich leider nicht beweisen kann, sonst hätte ich ihn verklagt, ebenso wie ich gegen einen SB und den Geschäftsstellenleiter des Jobcenters eine Dienstaufsichtbeschwerde stellen musste, da hier
    eindeutig den Pflichten nicht nachgekommen wurde, Zahlungen bewusst verzögert und ähnlich wie meinem Beispiel des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides diskriminiert wurde.

    Von mir angesprochene und sinnvolle Weiterbildungen wurden kategorisch abgelehnt! (Wie hier in Hamburg, sind dafür auch keine Mittel mehr vorhanden)

    Die Zeiten haben sich leider sehr zum Nachteil geändert!

    Ich korrespondiere seit dem nur noch per Fax, um eindeutige Beweise zu haben und werde auch zukünftig, wie im Falle des §43 SGB II, SOFORT den SB verklagen!

    "Auch diese Zustände werden ja leider oft genutzt für den Versuch, einen Keil in die Bevölkerung zu treiben ... aber das ist ein anderes Thema."

    Darin sehe ich zur Zeit eines der Hauptprobleme, die leider auch sehr bewusst von den neoliberalen Parteien und den Medien gezielt
    eingesetzt werden und die BfA macht da schamlos mit!

    "Aber auch was Du schreibst ... auch da bin ich mir leider nicht sicher." Das auch prekär Beschäftigte ein Problem damit haben, zweifle ich nicht an, aber die von mir genannten Punkte sind nun mal nachweisbare Tatsachen!
    Ich fahre mit dem Fahrrad!

    Gruß
    Tanguero

    AntwortenLöschen
  7. Guten Tag Tanguero,
    ja, das gibt es natürlich leider anhand der realen und sich immer negativer entwickelnder Realität, dass sowohl (")FM("), als auch Teamleitung (TL) sich unkooperativ verhalten. Eine Begleitperson bei jedem Termin wäre da schon gut (kann man ja auch gegenseitig machen, z.B., also in Bezug auf ALG II - EmpfängerInnen).
    Ich habe stets bei einem Termin den Beratungsvermerk am Ende des Termins eingetippt - dann vorgelesen, dann - bei Einverständnis - gespeichert - dann ausgedruckt und mitgegeben. Das gehört sich auch so, finde ich.
    Wird das nicht gemacht, kann man eben zu zweit gehen und den "Spiess" quasi "umdrehen". Selbst notieren, was man verstanden hat. Wenn FM das zulässt vorlesen. Genau Datum, Dauer, alle Namen vermerken. Beide, Kunde und Begleitung unterschreiben dann.
    So hat man etwas in der Hand und signalisiert auch einiges.
    MfG
    BTB

    AntwortenLöschen
  8. Etwas sehr Konstruktives sind die Aktionen vor Ort um die Petition von Inge Hannemann (Abschaffung der Sanktionen) zu unterstützen.
    Hier der Link zu den Aktionen dieser Woche:
    http://karteikarte.wordpress.com/2013/12/07/bundesweite-unterschriftenaktions-woche-uber-30-termine-2/

    Danke @Sozialfotografie für diese gute Arbeit!

    Beste Grüße von
    "Tanguero"

    AntwortenLöschen